
Auch Mamas brauchen Auszeiten
Wie finden Sie zwischen Familie und Beruf Zeit für sich?
Ich glaube, es ist hilfreich, eine Struktur für sich zu finden und freie Zeiten fest einzuplanen. Jeder muss schauen, ob das eher am Wochenende, unter der Woche, am Abend oder wie bei mir oft am Vormittag ist. Die Tagesabläufe sind inzwischen so individuell, weil auch die Arbeitsmodelle immer flexibler werden. Wichtig ist jedoch, dass man seine Aus-Zeiten darin einbaut. Mir hilft es sehr, etwas zu unternehmen oder außer Haus zu sein. Eine ganz besondere Auszeit war ein Wochenende in einem Wellness-Hotel.
Konnten Sie das ohne schlechtes Gewissen genießen?
Ja, denn ich hatte das Glück, dass mich mein Mann zu dieser Auszeit ermutigt hat. So durfte ich wegfahren, völlig zweckfrei. Ich, ganz alleine, ohne Kinderwagen, Wickeltasche, Trinkflasche oder zusätzliches Essen. Wenn man auf einmal nur wieder für sich selbst zuständig ist, ist das schon gewöhnungsbedürftig. 48 Stunden nicht im „Rund-um-die-Uhr- Dienst“ für andere da sein, nichts ausdiskutieren, keiner, der etwas von einem will. Einfach nur ich. Das war gut. Toll war auch, nicht immer auf die Uhr schauen zu müssen. Zu einer Zeit, in der ich zuhause normalerweise schon das Mittagessen vorbereite, konnte ich das Langschläferfrühstück genießen, für das ich weder eingekauft noch gedeckt habe. Am Ende musste ich weder die verstreuten Haferflocken noch die verschüttete Milch wegputzen.
Zuhause ist man dann aber doch wieder voll verantwortlich. Vom Morgen bis zum Abend und auch in der Nacht. Und bevor man sich als Mama eine Auszeit gönnt, kommt für viele doch eher die Familien-Zeit, die Job-Zeit und die Paar-Zeit dran.
Es stimmt, als Mutter und „Managerin eines kleinen Unternehmens“ - wie in einem Werbespot so nett auf den Punkt gebracht - spürt man oft die Erwartung, dass erst mal alles andere laufen muss. Wenn alle anderen krank sind, hält man selbst noch durch. Dabei ignoriert man jedoch oft seine Grenzen und vergisst, dass man ja langfristig fit bleiben muss. Mama-sein ist kein Kurzstreckenlauf. Darum ist es wichtig, auf die inneren Ressourcen zu achten und nicht auszubrennen. Auch als die Kinder noch klein waren, habe ich immer freiberuflich als Musikerin und Lehrerin gearbeitet und die Herausforderung angenommen, dabei eine gute Balance zu finden.
Ihre Kinder sind zwischen 13 und 6 Jahre alt. Konnten Sie sich von Anfang an Auszeiten gönnen?
Die Ankunft des ersten Kindes kann einen schon völlig aus der Bahn werfen. Wenn das Kleine dann mal schläft, denkt man: Jetzt könnte ich putzen oder etwas arbeiten. Dann zu sagen, jetzt gönne ich mir Zeit für mich und die Arbeit kann warten, musste ich lernen. Noch wichtiger war jedoch, meine perfektionistischen Ansprüche loszulassen. Mir ist es schwergefallen, Arbeit abzugeben oder um Hilfe zu bitten. Zum Beispiel war am Anfang unserer Ehe der Haushalt eher mein Bereich, auch weil ich immer dachte, es sei eben die Erwartung. Da musste ich üben, zu sagen: Mein Mann kann das auch, er macht es eben anders. Ich lerne, das dankbar anzunehmen und stelle fest, dass er Dinge im Haushalt oft sogar noch besser macht als ich.
Inzwischen übernehmen auch die Kinder Aufgaben. Wäsche aufhängen, abnehmen, den Tisch denken und abräumen, solche Kleinigkeiten helfen und entlasten. Für alle bleibt dann mehr Zeit, wo wir zweckfrei etwas zusammen machen und genießen können.
Was ist für Sie der größte Gewinn dieser Auszeiten?
Ich werde dabei immer wieder auf die richtige Spur gebracht. Im rasanten Tempo des Alltags kann man sich leicht verzetteln. Auszeiten helfen mir, wieder zu mir selbst zu finden und zur inneren Ruhe zu kommen. Man lässt sich sonst schnell von negativen Erfahrungen und Enttäuschungen bestimmen. Darin möchte ich auch für meine Kinder ein Vorbild sein. Ich habe übrigens die Erfahrung gemacht, dass sie durchaus dafür Verständnis haben, wenn ich sage: „Ich brauche mal eine halbe Stunde für mich. Danach bin ich wieder ganz für euch da.“ Mir helfen diese Zeiten außerdem, das Schöne, das ich habe, wahrzunehmen und dafür dankbar zu sein. Ich halte inne und spüre auch die Verbindung zu Gott wieder klarer. Das ist mir wichtig, denn ich glaube, dass er gute Gedanken über mich und mein Leben hat.
Wie hilft Ihnen die Verbindung zu Gott, wieder zu sich selbst zu finden?
Oft vergleicht man sich viel zu sehr mit anderen, mit anderen Müttern, mit perfekteren Kindern, perfekteren Arbeitsstellen. Mir hat da der Psalm 139 aus der Bibel sehr geholfen. Es heißt dort etwa: „Herr, du kennst mich. Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin.“ Davon will ich mich leiten lassen: Gott hat mich wunderbar gemacht. So, wie ich bin. Mit allen Begabungen und Beschränkungen bin ich gut. Ich muss mich nicht vergleichen oder jemand anderes sein wollen. Ich darf meinen Platz einnehmen. Und dankbar sein für mein Leben. Mir hat das geholfen, aus dem Treiben und Streben nach etwas anderem herauszukommen. So eröffnet sich eine ganz neue Perspektive von Freiheit und Zufriedenheit. Fertig ist man damit wahrscheinlich nie, denn das Leben bietet ja immer wieder neue, spannende Herausforderungen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Kathrin D. Weber lebt mit ihrem Mann und ihren drei Jungs im Alter zwischen 13 und 6 Jahren am Bodensee. Sie ist studierte Musikerin und Pädagogin. Neben Musikunterricht gibt sie auch eigene Konzerte und hat mehrere Klavier-CDs veröffentlicht. www.kdw-musik.de