
Warum zu viel Nähe uns wertvolle Zeit kostet
Was unser Hab und Gut angeht, sind wir wachsam. Doch einen Diebstahl von Zeit bemerken wir oft nicht. Wir werden sogar zu Komplizen derer, die uns bestehlen. Ein besonders typischer Zeiträuber ist der sogenannte Grenzüberschreiter:
Grenzüberschreitende Persönlichkeiten tun, was wir alle tun: Sie suchen Nähe, Zugehörigkeit und Unterstützung. Doch sie tun das in einer Weise, die zu weit geht. Sie drängen sich auf, nehmen Ihnen Entscheidungen ab und spannen Sie ungefragt in ihre Projekte ein. Wenn Sie Nein sagen, verwickeln Grenzüberschreiter Sie in zähe Diskussionen. Sie machen Ihnen ein schlechtes Gewissen und bringen Sie vielleicht dazu, ihren Wünschen doch noch nachzugeben.
Grenzüberschreiter haben eine übertriebene Angst, zu kurz und nicht zu ihrem Recht zu kommen. Aus diesem Grund setzen Sie sich so massiv für ihre Interessen ein, dass sie anderen ihre Freiheit rauben.
Die Grenzüberschreiter in Ihrem Leben sind vielleicht:
- die Nachbarin, die ungefragt zu Besuch kommt oder Sie bei der Begegnung auf der Straße in endlose Gespräche verwickelt.
- Ihr Bruder, der Ihnen beim Familienfest aufwändige Aufträge gibt und tödlich beleidigt wäre, wenn sie diese nicht „aus Liebe zu Ihren Eltern“ übernehmen.
Grenzüberschreiter rauben Ihnen Ihre Zeit also durch die Vereinnahmung und durch endlose Verhandlungen, falls Sie sich der Vereinnahmung entziehen wollen.
Die besten Tipps
- Behandeln Sie Grenzüberschreiter warmherzig, verständnisvoll und respektvoll, auch wenn Sie auf Ihrem Nein beharren.
- Nennen Sie Beispiele von Situationen, in denen Sie Ihrem Grenzüberschreiter entgegengekommen sind und entgegen kommen werden – als Zeichen, dass Ihnen seine Interessen wichtig sind.
- Begründen Sie Ihr Nein niemals mit Argumenten, über die man diskutieren kann. Bleiben Sie vage und subjektiv: „Das würde mich überfordern.“ – „Dabei hätte ich kein gutes Gefühl.“
- Wenn Sie Ihr Nein und Ihr Verständnis für das Anliegen zwei- oder dreimal wiederholt haben, wechseln Sie das Thema. Oder beenden Sie das Gespräch freundlich, aber bestimmt: „Soweit dazu.“ – „Auf mich wartet jetzt ...“.

Jörg Berger ist Psychologe und Psychotherapeut in eigener Praxis. Dort begleitet er seit über 20 Jahren Betroffene, die mit schwierigen Persönlichkeiten zusammenarbeiten. Zugleich offenbaren sich ihm die schwierigen Persönlichkeiten selbst. Er ist erfolgreicher Autor und gefragter Redner mit Themen rund um schöne und schwierige Beziehungen.
© Text: Jörg Berger. Wenn Sie mehr über den Umgang mit schwierigen Menschen erfahren möchten, empfehlen wir das Buch: "Jörg Berger, Stachlige Persönlichkeiten"
© Illustrationen: Thees Carstens