
Tipps zum glücklichen NEIN
Nein sagen ist so eine Sache. Jedes Kind im Trotzalter beherrscht ja diese Kunst perfekt. Und doch, wer kennt es nicht, das Ja, das rausrutscht, obwohl man doch Nein gemeint hat. Sie sind damit nicht allein. Viele Menschen kämpfen heute mit steigenden Ansprüchen und der Schwierigkeit, diese abzuwehren. Ein Nein scheint jeweils von Schuldgefühlen begleitet zu sein. Die gute Nachricht ist: Nein sagen ist lernbar!
WAS IST EIN NEIN?
Ein Nein signalisiert eine Grenze, die nicht überschritten werden darf. Grenzen markieren einen Besitz. Stellen Sie sich Ihr Leben als ein Haus vor. Sie wollen nicht, dass Ihr Haus ohne Ihre Erlaubnis betreten wird, deshalb hat es Mauern. Zu Ihrem Haus gehört auch ein Garten, und auch da möchten Sie nicht, dass dieser einfach überrannt wird. Deshalb stellen Sie einen Gartenzaun auf. Durch Grenzen definieren Sie sich, Sie definieren, was Sie sind und was nicht. Innerhalb dieser Grenzen liegen Ihre Gedanken, Überzeugungen, Entscheidungen und Handlungen, aber auch Ihre Werte, Wünsche und Gefühle. Dadurch schützen Sie sich selbst und was Ihnen wichtig ist.
Wer keine Grenzen setzt, wird überrannt. Wer immer Ja sagt, also keine Grenzen hat, gestaltet sein Leben nicht selbst, sondern wird durch andere gelebt. Grenzen zu setzen, bedeutet die Verantwortung für sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Wichtig ist, dass Sie Ihre Grenzen kommunizieren, damit sie für andere sichtbar werden.
SECHS SCHRITTE ZU EINEM GUTEN NEIN
1. Setzen Sie Prioritäten
Bevor Sie klare Grenzen setzen können, müssen Sie herausfinden, was Sie schützen wollen. Was ist Ihnen wichtig, wo liegen Ihre Prioritäten? Wenn Sie nicht wissen wofür Sie eintreten wollen, wird es Ihnen schwer fallen, es zu verteidigen. Ihr Nein sollte gleichzeitig ein Ja zu dem beinhalten, was Sie wollen. Wenn Sie zu etwas Nein sagen, was Sie nicht wollen, sagen Sie gleichzeitig dadurch Ja zu dem, was Sie wollen.
2. Finden Sie heraus, warum es Ihnen schwer fällt, Nein zu sagen
Wenn Sie wissen, was Sie daran hindert, können Sie damit beginnen dieses Hindernis aus dem Weg zu räumen. Vieles, was vom Nein sagen abhält, liegt in uns selbst. Vielleicht haben Sie Angst davor abgelehnt zu werden, wenn Sie Nein sagen. Bedenken Sie, Sie können es nicht jedem recht machen. Und wünschen Sie sich wirklich die Zuneigung von einer Person, die Sie nur mag, weil Sie alles tun, was diese von Ihnen erwartet? Vielleicht haben Sie Angst vor den Konsequenzen eines Neins. Häufig sind diese Befürchtungen schlimmer als die Realität. Oder haben Sie Angst, durch ein Nein egoistisch oder herzlos zu wirken? Seien Sie beruhigt, ein wirklicher Egoist würde sich darüber nicht einmal Gedanken machen. Vielleicht hindert Sie aber auch der Wunsch, gebraucht zu werden an einem Nein. So gut es tut zu wissen, dass andere Sie brauchen, auf die Dauer überwiegt dann doch das Gefühl, ausgenutzt zu werden.
Es gibt aber auch äußerliche Dinge, die ein Nein behindern. Viele werden versuchen, Sie doch zu einem Ja zu bewegen, sei es durch Druck, Schmeicheleien, Erpressung, durch das Auslösen von Schuldgefühlen oder eine Mitleidstour. Lassen Sie sich nicht manipulieren!
3. Nehmen Sie sich Bedenkzeit, um eine Entscheidung zu treffen
Sie müssen nicht sofort Ja oder Nein sagen, auch wenn das Ihr Gegenüber will. Nehmen Sie sich Zeit, die Situation zu analysieren:
- Was genau wird von mir erwartet?
- Will ich das, was erwartet wird, tun?
- Wie viel Zeit und Kraft steht mir selbst zur Verfügung?
- Wer ist es, der mich um etwas bittet?
4. Werden Sie sich bewusst, welchen Preis Sie zahlen
Ein Ja kostet Sie etwas. Überlegen Sie sich wie viel Zeit, Kraft und Energie es Sie kosten wird. Überlegen Sie sich konkret, was Sie aufgeben müssen, um der Bitte nachzukommen. Bedenken Sie, Ihre Zeit und Ihre Bedürfnisse sind genauso wichtig wie die anderer. Ihre Kraft ist begrenzt und Sie dürfen auch für sich selbst sorgen. Deswegen sind Sie nicht egoistisch.
5. Erlauben Sie sich, Nein zu sagen
Geben Sie sich selbst die Erlaubnis, Nein zu sagen. Sie können nur für andere sorgen, wenn Sie auch für sich selbst sorgen. Wenn nötig geben Sie sich diese Erlaubnis schriftlich.
6. Lernen Sie auf sanfte Art Nein zu sagen
Wenn Sie sich entschieden haben, Nein zu sagen, kommunizieren Sie dieses Nein deutlich, aber sanft. Begründen Sie warum Sie Nein sagen, aber rechtfertigen Sie sich nicht. Sie müssen sich für Ihr Nein nicht entschuldigen. Zeigen Sie Verständnis für die Reaktion Ihres Gegenübers. Wenn möglich können Sie ein Teil-Nein anbieten. Wenn es Ihnen zum Beispiel nichts ausmacht eine Aufgabe zu übernehmen, aber Sie heute nicht die Zeit dazu haben, bieten Sie Ihre Unterstützung für einen anderen Tag an. Sie können dem Betroffenen auch einen Hinweis geben, wo er anderweitig Hilfe bekommen kann. So zeigen Sie, dass Sie sich trotz Ihrem Nein für die Person interessieren. Bleiben Sie konsequent, auch wenn jemand Ihr Nein nicht akzeptieren will.
Nein sagen lernen ist ein Prozess. Beginnen Sie mit kleinen Schritten, üben Sie Ihr Nein in Situationen, wo Sie sich einigermaßen sicher fühlen. Freuen Sie sich über jeden noch so kleinen Erfolg. Bleiben Sie dran und bleiben Sie konsequent. Durch Ihr gesundes Nein befreien Sie sich zu einem glücklichen Ja. Übernehmen Sie die Verantwortung für Ihr Leben: Sagen Sie Nein!
Barbara Witzig M. A., Vergebungstrainerin, Seelsorgerin
Aktualisierter Auszug aus ZdZ 3/2013 © https://advent-verlag.de/
Dieser Artikel ist in der Zeitschrift Leben und Gesundheit erschienen und wurde daraufhin von Zeichen der Zeit (jetzt: Hope Magazin) im Advent-Verlag Lüneburg veröffentlicht.