
Wenn die Gefühle Achterbahn fahren
Anhand des Gefühlsrades wollen wir unseren innerlichen Wetterlagen, den Hoch- und Tiefdruckgebieten auf die Schliche kommen. Unser erklärtes Ziel hierbei lautet, dass wir eine gewisse emotionale Balance bekommen und über die Zeit eine emotionale Kompetenz entwickeln. Dass wir mit unseren Gefühlen gut klarkommen, mit ihnen umgehen lernen. Dass wir nicht die Kontrolle an sie abgeben, sondern dass wir der Chef im Ring bleiben bzw. im Rad. Völlig klar, dass in uns drin nicht immer nur die Sonne scheinen kann. Da gibt es neben Schönwetterphasen Episoden mit Nebelschwaden, Wolkenbrüchen, Hagel und Sturmböen. Der springende Punkt ist, wie wir damit umgehen. Es geht darum, dass wir Gefühle würdigen, dann können wir diese besser zulassen. Wir müssen nicht mehr automatisch auf Abwehr gehen, also gerade dann, wenn uns unangenehme Emotionen besuchen.
Ziemlich praktisch Gefühle ausloten
Das Gefühlsrad ist ein ziemlich praktisches psychologisches Modell, mit dem wir unsere Gefühle und die der anderen ein bisschen besser einordnen, vielleicht irgendwann einmal sogar verstehen können. Es geht zurück auf den US-amerikanischen Psychologen Robert Plutchik, der sich mit Hirnforschung und Emotionstheorien beschäftigt hatte. Sein Gefühlsrad oder auch das wörtlich übersetzte „Rad der Emotionen“ schaut aus wie eine Blume mit acht Blütenblättern. Das sind die Basisemotionen. Jedes dieser Blütenblätter ist nach der Gefühlsintensität nochmals aufgeteilt in drei Unterbereiche oder Schattierungen. Wie bei echten Blumen hat jedes Blütenblatt somit eine Art Verlauf, vom Schwächeren zum Intensiveren hin.
Dann ist das wie auf einer Blumenwiese. Manche Pflanzen verstehen sich mit anderen gut, andere wiederum können sich so gar nicht riechen. Irgendwie wie bei uns Menschen. Zurück zu den Blütenblättern auf dem Rad der Emotionen: Hier befinden sich ähnliche Gefühle in unmittelbarer Nachbarschaft. Ähnliche Emotionen können sich somit durchaus miteinander vermischen. Gegensätzliche Gefühle befinden sich auf dem ganz entgegengesetzten Blütenblatt. Also da gibt es beispielsweise „nachdenklich – traurig – betrübt“ versus „gelassen – froh – begeistert“.

Intensive und entgegengesetzte Emotionen
Wir merken hier zwei Sachen, einmal die Steigerung, denn erst ist man einfach nur nachdenklich. Wenn wir traurig sind, beschreibt das schon eine heftigere Stufe. Und betrübt schließlich ist eine sehr heftige Ausprägung vom ursprünglichen Zustand, in dem man einfach nur nachdenklich gewesen ist. Aber dann hatte das Wetter offensichtlich durch irgendetwas, durch einen kleinen Auslöser womöglich, umgeschlagen. Das ist die Begebenheit mit den unterschiedlichen Intensitäten der jeweiligen acht Basisemotionen.
Dann merken wir die entgegengesetzten Emotionen. Hier sitzt die eine Basisemotion, das eine Blütenblatt, diametral gegenüber der entgegengesetzten Basisemotion, dem anderen Blütenblatt. In unserem Beispiel ist das „gelassen – froh – begeistert“. Wenn wir gelassen sind, ist das schon einmal eine sehr gute Sache. Sind wir sogar froh, müssen wir schon ziemliche Freude spüren, gut drauf sein, weil uns irgendetwas Schönes widerfahren ist. Kommt nun der Zustand, dass wir sogar begeistert sind, dann sind wir völlig aus dem Häuschen, sind tierisch gut drauf. Ein Beispiel für andere Gefühlsblüten ist „gelangweilt – ablehnend – angewidert“ versus „akzeptierend – vertrauend – bewundernd“.
Was ist da los?
Wenn wir uns das nächste Mal fragen, was da eigentlich alles in uns los ist, kann uns der Blick aufs Gefühlsrad einen Einblick in unser Inneres geben. Uns wird bewusst, was es für Gefühle gibt in der Umlaufbahn der Emotionen. Indem wir uns damit auseinandersetzen, vorhandene Gefühle ausloten, können wir klarer sehen. Das versetzt uns in die Lage, dahinterliegende Bedürfnisse zu entdecken.
Der Blick aufs Gefühlsrad zeigt uns noch etwas: Dass alle Gefühle irgendwie bei uns vorhanden sind, in immer unterschiedlichen Schattierungen. Wir können gar nicht immer nur auf dem einen Blütenblatt verweilen, das wäre utopisch. Also machen wir uns bewusst, dass es mehrere Stimmungen gibt. Somit könnten wir die Gefühls-Hochs besser auskosten, bei den Tiefs wüssten wir, dass die irgendwann wieder vorbei sind. Ohne Winter wäre der Frühling nur halb so schön, sagt der Volksmund. Und das stimmt. Denn mal ehrlich: Immer nur Sonne würde doch irgendwann auch das Gemüt betrüben.

Nicht alles eitel Sonnenschein, aber trotzdem Happy End
Gefühle können sich für uns immer wieder anders anfühlen. Wichtig ist, dass wir in uns hineinhorchen, wie wir gerade so drauf sind. In welcher Stimmung befinden wir uns – woran machen wir das fest, was für ein Gefühl schlägt da durch? Weil dann kann man im nächsten Schritt schauen, was uns zu diesem Gefühl verleitet hat. Hierauf einen Blick hin zu entwickeln, klärt unseren Horizont und wir kommen schneller wieder in sonnige Wetterfronten hinein. Es geht gar nicht einmal darum, dass immer nur Sonnenschein vorhanden sein muss.
Ein Tief ist manchmal auch dazu da, dass wir uns schützen, dass wir uns abgrenzen, dass wir Zeit für uns brauchen, um etwas zu verarbeiten. Wenn wir dann einfach weiterstrampeln wie bisher, als ob nichts wäre, kann das doppelt zurückschlagen: aufs Gemüt und auf den Körper. So gut es geht sollten wir unsere Gefühle daher so bewusst wie möglich durchleben, dies im Wissen, dass auf Regen auch wieder Sonne folgt. Nur eines sollten wir nicht: unser Tief so richtig auskosten, darin baden, andere mit hineinziehen und so gar nicht mehr daraus auftauchen wollen. Das wäre ja schade, zumindest um die Schäfchenwolken am Gefühlshimmel!
Wer schreibt hier:
Diana Schmid arbeitet als freie Journalistin und Autorin im Bereich von Glauben und christlichem Lebensglück. Sie liebt es, wenn sie mit ihren Beiträgen und Büchern andere bewegen, begeistern und berühren kann. Mehr von Diana Schmid gibt es unter schmid-text.de.